Klimaforscher in Burglengenfeld: "Die Jugendlichen haben Recht"

Burglengenfeld. „Die Anliegen der demonstrierenden jungen Menschen sind berechtigt", sagt Klimaforscher Prof. Dr. Thomas Foken über die aktuellen "Fridays For Future"- Demonstrationen. Alle politischen Entscheidungen müssten unter einem „CO2-Vorbehalt stehen", also auf die Folgen für das Klima überprüft werden. Foken sprach auf Einladung des Initiativkreises Energiewende in der Region – Städtedreieck (INKER-S) vor rund 60 Interessierten im Burglengenfelder Bürgertreff.

Der als Referent angekündigte Dr. Eberhard Faust, Forschungsleiter Klimarisiken und Naturgefahren bei der Munich Re, musste kurzfristig krankheitsbedingt absagen. Gregor Glötzl, Leiter der Geschäftsstelle Städtedreieck und Mitinitiator des INKER-S, betonte, Prof. Dr. Thomas Foken sei ein nicht minder renommierter Referent. Er leitete bis 2014 die Abteilung Mikrometeorologie an der Universität Bayreuth und wurde für seine Forschungsarbeit mehrfach ausgezeichnet.


Den Klimawandel bezeichnete Foken als „dringliches Problem". Schon 1824 sei der natürliche Treibhauseffekt erstmals beschrieben worden, bereits 1859 habe es erste Hinweise auf den vom Menschen verursachten Klimawandel gegeben. In den 1960er Jahren seien erste Anzeichen eines nicht natürlichen Temperaturanstieges erkannt worden, in den 1980er Jahren „deutliche Anzeichen" dafür. In den 1990er Jahren dann sei der anthropogene, also der vom Menschen verursachte Temperaturanstieg wissenschaftlich nachgewiesen worden.

„Das, was wir seit Jahren wissenschaftlich vorhergesagt haben, ist eingetreten", so Professor Foken. 2018 sei das bislang wärmste Jahr gewesen; der Juni 2019 der weltweit wärmste Juni aller Zeiten, in Deutschland verbunden mit außergewöhnlicher Trockenheit. Die Konsequenzen des Klimawandels in Mitteleuropa seien u.a. weniger Eis und Schnee, extreme Sommerhitze, Starkniederschläge, Unwetter und Überschwemmungen, ein höherer Meeresspiegel und weniger polares Eis. 

In Deutschland gebe es schon jetzt pro Jahr mehr Hitzetote als Verkehrstote. Und sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika und dem arabischen Raum seien jetzt „häufig schon Klimaflüchtlinge". Professor Foken stellte unmissverständliche Forderungen auf: Alle politischen Entscheidungen müssten unter einem CO2-Vorbehalt stehen; der Ausbau erneuerbarer Energien müsse ungebremst erfolgen; die Klimadiskussion dürfe nicht ideologisch geführt werden: „Klimaschutz ist keine Abwägung mit Arbeitsplatzsicherung und wirtschaftlicher Entwicklung." 

Die hohe Komplexität der Klimaproblematik erfordere Aufklärung, Weiterbildung für Entscheidungsträger und verstärkte Ausbildung in den Schulen. Effektiver Klimaschutz und Klimaanpassung benötigten eine Regionalplanung in größeren Einheiten bis hin zu europäischen Lösungen.

Als konkrete Maßnahmen nannte der Referent u.a. den Erhalt stadtnaher zusammenhängender Wald- und Wiesenflächen, die Verdichtung bestehender bebauter Flächen „mit Augenmaß" sowie den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der ländlichen Infrastruktur. Und: „Die Reduktion der Emissionen darf nicht weitgehend auf die junge Generation übertragen werden", sagte Prof. Foken.

Gregor Glötzl lenkte im Anschluss den Blick auf Burglengenfeld, Teublitz und Maxhütte-Haidhof. Im bayernweiten Vergleich habe das Städtedreieck noch einen enormen Nachholbedarf in Sachen regenerativen Energiequellen. Bayernweit stammten rund 44 Prozent des Gesamtstroms aus erneuerbaren Energien. Im Städtedreieck werde nur gut die Hälfte des bayernweiten Durchschnitts an Strom aus erneuerbaren Quellen generiert. Aufgrund der naturräumlichen Ausstattung (z. B. zu geringe Windgeschwindigkeiten an vielen Standorten für große Windkraftanlagen) sei die Energiewende im Städtedreieck somit auf viele einzelne Akteure angewiesen, sagte Glötzl. Um rechnerisch auf den bayernweiten Durchschnitt zu kommen, müsste man im Städtedreieck mindestens fünf moderne 3-Megawatt-Windkraftanlagen oder rund 1300 neue Dachflächen-Photovoltaik-Anlagen installieren. Glötzl sprach von einer „enormen Herausforderung vor Ort".

Den Vorträgen schloss sich eine intensive Diskussion an. Da wurde z.B. die Forderung laut, auch im Städtedreieck den Klimanotstand auszurufen. Erlangen hatte das im Mai als erste bayerische Stadt getan. Unter anderen wird der Stadtrat dort in Zukunft „bei seinen Beschlüssen die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit berücksichtigen und wenn immer möglich Maßnahmen priorisieren, die den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen".

Bürgermeister Thomas Gesche hatte zuvor schon bei der Begrüßung Beispiele genannt, wie man sich in Burglengenfeld dem Thema Energiewende annehme. Er nannte unter anderem die Blockheizkraftwerke im Bulmare und in der Kläranlage, die Photovoltaikanlage auf dem Feuerwehrgerätehaus, die Sole-Wärmepumpe bei der Kinderkrippe im Naabtalpark oder die Installation von E-Ladesäulen.

Markus Bäuml, Regionalreferent beim Fachverband Biogas e.V. und Mitinitiator des Initiativkreises Energiewende in der Region – Städtedreieck, freute sich über das große Interesse an der Veranstaltung und insbesondere darüber, dass etliche Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte in den Bürgertreff gekommen waren.

Wissenschaftliche Informationen im Internet: https://www.scientists4future.org/stellungnahme/fakten/

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