Wald in Gefahr: Verbände bitten um Bürgerentscheid-Teilnahme

Weiden. Für ein Gewerbegebiet in Weiden-West soll eine Fläche von 90 Fußballfelder weichen. BUND Naturschutz und LBV rufen die Bürgerinnen und Bürger Weidens dazu auf, sich für den Schutz von Erholungswald und Natur und "damit für eine zukunftsfähige Stadtplanung" zu entscheiden.

Das geplante Gewerbegebiet West IV in Weiden wäre ein drastisches Beispiel für ungebremsten Flächenverbrauch und ein bayernweites Negativbeispiel für fortschreitende Naturzerstörung. Zum aktuellen Bürgerentscheid, der bis zum 14. Februar als Briefwahl läuft, appellieren die Landesvorsitzenden von BUND Naturschutz (BN) und LBV (Landesbund für Vogelschutz), Richard Mergner und Dr. Norbert Schäffer, an die Stimmberechtigten in Weiden, mit ihrem Votum für den Erhalt des Waldes zu stimmen und so "den Weg für eine nachhaltige und naturschonende Stadtentwicklung" in Weiden zu öffnen. 

Nach den bisher noch ungenehmigten Plänen der Stadt Weiden sollen über 65 Hektar Wald im Besitz des Freistaats Bayern, vergleichbar mit über 90 Fußballfeldern, einem neuen Gewerbegebiet weichen. Die betreffende Fläche ist Teil eines stadtnahen, zusammenhängenden Waldgebiets, das eine große Bedeutung für die Erholung der Bevölkerung, für den Wasserhaushalt und das Lokalklima Weidens besitzt. Außerdem kommen darin viele geschützte Tier- und Pflanzenarten, wie Wildkatze und Schwarzspecht vor. Zudem wächst dort unter dem Schirm der Altbäume im Zuge der Naturverjüngung gerade ein vorbildlicher Zukunftswald aus Buchen und Eichen heran. 

„Die Bürgerinnen und Bürger Weidens haben es nun in der Hand, ob das Stadtgebiet noch weiter ausfranst und die Verkehrsströme noch stärker anschwellen oder ob Weiden die Richtung einer innovativen und beispielhaften Stadtentwicklung einschlägt", sagt Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern. „Interkommunale und landschaftsschonende Planungen müssen staatlich mehr gefördert werden. Der Freistaat muss aktiv dazu beitragen, dass Kommunen aufhören, ohne Rücksicht auf Naturverluste nur in ihren eigenen Grenzen zu denken, vor allem im Hinblick auf erhoffte Einnahmen aus der Gewerbesteuer. 

Es kann nicht sein, dass zum Beispiel Flächenpotenziale in Weiden ungenutzt bleiben und in Kommunen im benachbarten Landkreis Neustadt a.d. Waldnaab Gewerbeflächen leer stehen, gleichzeitig jedoch wenige Kilometer weiter in Weiden-West ein neues Gewerbegebiet ohne jegliche Rücksicht auf den Natur- und Klimaschutz aus dem Boden gestampft werden soll." 

„Auf der einen Seite kündigt die Staatsregierung beispielsweise im Koalitionsvertrag eine Reduzierung des Flächenverbrauchs an, auf der anderen Seite finden zahlreiche Gemeinden aber stets eine Begründung, warum dies ausgerechnet in ihrem Fall nicht geht und eine Ausnahme gemacht werden muss. Um Ziele zu erreichen muss konsequent gehandelt werden, anstatt Entschuldigungen für Versagen zu suchen. Unverständlich ist für den LBV darüber hinaus, warum der Freistaat wie auch hier im Fall von Weiden Staatswald für neue Gewerbegebiete verkauft und somit den Flächenfraß fördert", so der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. 

Für die Planung soll zwar eine Alternativenprüfung durchgeführt werden, allerdings halten BN und LBV deren Ergebnisse nach ersten Presseberichten für fragwürdig. „Es wäre z.B. nicht nachvollziehbar, wenn darin faktisch der öffentliche Wald als geringwertiger als landwirtschaftlich genutzte Flächen eingestuft werden sollte", so Reinhard Scheuerlein, BN-Regionalreferent für die Oberpfalz. „Dabei gehört dieser Wald doch allen Bürgerinnen und Bürgern und soll ihnen auch weiterhin in vielfältiger Weise zu Gute kommen". 

Außerdem dient der Wald als wichtiger Speicher für das Treibhausgas Kohlendioxid, das sich andernfalls in der Atmosphäre noch weiter anreichert. „In Zeiten des Klimawandels brauchen wir jeden einzelnen Baum, um CO2 dauerhaft zu binden. Nur so können wir die schlimmsten Folgen der Erderwärmung abmildern. Es ist ein Unding heutzutage noch großflächig Wald zu roden – zumal es hier um den Wald aller Bürger geht", erläutert Christoph Bauer, Leiter der LBV-Bezirksgeschäftsstelle Oberpfalz. 

Die Stadt Weiden besitzt nach Auffassung von BUND Naturschutz und LBV aber auch eine große Chance: Mit einem neuen Konzept jenseits einer "solchen Dinosaurier-Planung" (mehr Straßen, mehr Gewerbe- und Neubaugebiete und in der Folge noch mehr Straßen, etc.) könnte man sich an die Spitze einer innovativen und beispielhaften Entwicklung stellen. Die Schonung der noch vorhandenen Naturschätze sei eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür. 

„Mit einer ernsthaften Untersuchung möglicher städtebaulicher Erneuerungsmaßnahmen auf vorhandenen brachliegenden, leerstehenden bzw. untergenutzten Flächen im Stadtgebiet Weiden und im unmittelbaren Umfeld ließen sich viele positive Effekte erreichen"", so Jürgen Schöning, Pressesprecher der BN-Kreisgruppe Neustadt/Waldnaab-Weiden. Solche Potenziale sind nach den Vorgaben der bayerischen Landesplanung vorrangig zu nutzen. 

Darüber hinaus sei in der Stadt Weiden ein kommunales Flächenressourcenmanagement zur besseren Nutzung vorhandener Flächenpotenziale dringend nötig. Dies könnte auch die Verkehrsprobleme und die Lärm- und Abgasbelastung vieler Bürgerinnen und Bürger Weidens entschärfen, die sich mit der drohenden Überlastung des städtischen Straßennetzes durch ein Gewerbegebiet Weiden-West IV ergeben würden.

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