Zeichnung der Regierungskanzlei aus dem 16. Jahrhundert entdeckt

Amberg. Bei Erschließungsarbeiten im Amberger Stadtarchiv war man kürzlich auf eine Bauzeichnung der Amberger Regierungskanzlei, dem heutigen Landgericht, gestoßen. Rasch zeigte sich, dass damit ein Dokument staatlicher Archivgeschichte in Amberg aufgetaucht ist. Denn das unter Kurfürst Friedrich II. errichtete repräsentative Gebäude diente seit seiner Einweihung im Jahr 1547 nicht nur als Sitz der landesherrlichen Räte der Oberen Pfalz, sondern beherbergte auch die Regierungsregistratur und das Regierungsarchiv.

Dieser herausragende Fund hat jetzt Oberbürgermeister Michael Cerny, den neuen Landgerichtspräsidenten Dr. Stefan Täschner, den Leiter des Stadtarchivs Dr. Andreas Erb und die Leiterin des Staatsarchivs Dr. Maria Rita Sagstetter im Amberger Rathaus zusammengeführt. Gemeinsam unterzogen sie das aus dem 16. Jahrhundert stammende handschriftlich verfasste Originaldokument einer genauen Betrachtung.

Meisterstück in bemerkenswerter Darstellung

Bei dem von Hans Ortenberger angefertigten Plan handelt es sich um ein Meisterstück. „So befanden es jedenfalls die städtischen Verantwortlichen und erkannten ihm nach einer Prüfung das Meisterrecht zu, wie der damalige Stadtschreiber Bernhard Büchelmayer am 17. März 1552 vermerkte", berichtete der Amberger Stadtarchivar Dr. Andreas Erb. Dafür hatte Ortenberger den fünf Jahre alten Neubau der kurfürstlichen Regierungskanzlei gezeichnet und vermessen. „Der Plan ist damit die älteste Zeichnung des heutigen Landgerichts", so Erb.

Besonders bemerkenswert ist seinen Aussagen zufolge die Darstellungsweise des Gebäudes auf dieser Zeichnung: Die beiden Giebelseiten wurden zeichnerisch aufgeklappt und flankieren die Fassade zur heutigen Regierungsstraße. Eingezeichnet sind im unteren Gebäudeteil sowie in den Türen und Fenstern die Längenangaben in Schuh, einem früher in vielen Teilen der Welt verwendeten Längenmaß. Diese hatte Ortenberger außerdem am Rande des Plans zusammengerechnet.

Dr. Sagstetter merkte bei der gemeinschaftlichen Begutachtung des mit Tinte verfassten Dokuments weiterhin an, dass es sich bei dem Gebäude um einen der ersten Renaissancebauten der Oberpfalz handelt. Aus den darin untergebrachten Einrichtungen Regierungsregistratur und das Regierungsarchiv war im frühen 19. Jahrhundert das „Archivkonservatorium", später das „Kreisarchiv Amberg" und damit die Vorgängerbehörde des Staatsarchivs Amberg hervorgegangen. Bis zur Errichtung des heutigen Archivgebäudes an der Archivstraße im Jahr 1910 hatte das für die Oberpfalz zuständige staatliche Archiv hier und im benachbarten Rentmeisteramtsgebäude seinen Sitz.

Plan wirft aber auch Fragen auf

Mit dieser Zeichnung kommt Licht in die Frühzeit der Regierungskanzlei, mit deren Bau sich die Hofhaltung und die Verwaltung der Oberen Pfalz ausdifferenzierten. Der Plan wirft aber auch Fragen auf: Etwa wer Hans Ortenberger war, woher er kam und wie er sein so erworbenes Meisterrecht ausübte – denn darüber schweigen die Quellen. Sie vermerken lediglich einen Michl Ortenberger im Bürgerbuch des Jahres 1461, der möglicherweise sein Ahne sein könnte.

Die Zeichnung war erst nach dem Bau entstanden, Erweiterungsbauten ließen noch Jahrzehnte auf sich warten. „Von daher könnte es auch sein, dass das Gebäude lediglich als Vorlage für Ortenbergers Ambitionen als Vermesser oder Steinmetz diente", vermuteten Dr. Erb und Oberbürgermeister Michael Cerny. Doch wie dem auch sei: „Ein Meisterwerk ist es, soviel steht fest, und das ist bereits seit 1552 amtlich."

Dr. Stefan Täschner als neuen Landgerichtspräsidenten begrüßt

Neben diesem Blick in die Amberger Baugeschichte war das Treffen für den OB gleichzeitig Anlass, Dr. Stefan Täschner in seinem Amt als Präsident des Landgerichts willkommen zu heißen. Dieser ist in Amberg kein Unbekannter, hat er doch seine gesamte bisherige Dienstzeit in der Bayerischen Justiz in der Vilsstadt verbracht. Es begann seine Laufbahn am 1. März 1995 bei der Amberger Staatsanwaltschaft, bevor er im Jahr 2000 erstmals an das Landgericht und am 1. März 2004 wieder zurück an das Amtsgericht wechselte.

Mit Wirkung zum 1. Juli 2012 wurde Dr. Täschner dann zum Vorsitzenden Richter erneut am Landgericht ernannt. Er war Vorsitzender der Kammer für Handelssachen und verschiedener Zivilkammern, bevor er am 1. Januar 2019 als Oberstaatsanwalt zurück zur Staatsanwaltschaft wechselte. Dort war er ständiger Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts und unter anderem Ansprechpartner für Vermögensabschöpfung und Korruptionsbekämpfung sowie Pressesprecher der Behörde. Ab dem 1. August 2020 leitete er das Amtsgericht als Direktor, bis er am 1. Oktober 2022 er die Nachfolge des in den Ruhestand gegangenen Harald Riedl als neuer Landgerichtspräsident antrat.

Anzeige
Vorschulkinder besuchen die Polizei
Verdacht der Beitragsvorenthaltung im Rahmen häusl...